Antirassistische Aktionstage in Leipzig vom 11.5.-18.5. von „Rassismus tötet!“

Übersicht über Veranstaltungen und Aktionen im Rahmen der antirassistischen Aktionstage vom 11. bis 18. Mai in Leipzig: Stadtrundgang auf rassistischen Spuren, Videokundgebung, Vorträge,  Ausstellung, Soli-Veranstaltung.

Am 26.05.1993 beschloss der Deutsche Bundestag mit Stimmen der regierenden CDU/CSU und FDP sowie der oppositionellen SPD die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, den sogenannten Asylkompromiss“. Dem waren Monate rassistischer Gewalt und Hetze vorausgegangen. Das Zusammenspiel von rassistischer Gewalt auf der Straße, applaudierenden Bürger*innen und einer rassistischen Gesetzgebung trägt sich bis heute fort: die Asylgesetzgebung degradiert und kriminalisiert Menschen, die in Deutschland bzw. Europa Zuflucht suchen, zu Menschen zweiter Klasse.

Auf lokaler und bundesweiter Ebene machen Bürger*innen gegen Unterkünfte für Asylsuchende in ihrer Nachbarschaft mobil, Politiker*innen üben sich in kruder rassistischer Stimmungsmache und Nazis ziehen mordend durchs Land, ohne dass die Behörden deren rassistische, menschenverachtende Motivation auch nur im Ansatz erkannten. Vielmehr erfuhren diese sogar eine staatliche Förderung und selbst nach dem Bekanntwerden der NSU-Morde fand keinerlei Umsteuern statt, sondern staatliche Vertreter*innen machten sich mehr Gedanken um das Ansehen Deutschlands, als sich bei Angehörigen zu entschuldigen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen oder eigene Fehler oder eigenes Agieren zu reflektieren und einzugestehen. Aber auch antifaschistische Strukturen müssen nach dem Auffliegen der NSU-Mordserie reflektieren, weshalb in den Morden zum Zeitpunkt der Tat selten oder gar keine rassistischen Motive gesucht wurden. Deutschland macht sich gleichzeitig zum Vorreiter der Europäisierung der rassistischen Abschottungspolitik, durch die bereits tausende Menschen getötet wurden.

Diese rassistischen Zustände gilt es zu benennen und zu bekämpfen. Erinnern heißt Kämpfen!“ ist für uns darum keine bloße Phrase, sondern Handlungsmaxime. Es geht darum, bestehende antirassistische Kämpfe zu unterstützen und mit dem Kampf um die Erinnerung an die Pogrome und Morde zu verbinden. Den alten und neuen Täter*innen gilt unser Kampf, den Betroffenen der rassistischen Verhältnisse gilt unsere Solidarität!

Den bundesweiten Aufruf zu den Aktionstagen findest du hier.

Aktionstage in Leipzig:

Samstag 11.05., 13 Uhr, Riebeckstraße/Prager Straße, Stadtrundgang “Rassistische Normalität in Leipzig – eine Spurensuche”

Leipzig ist eine weltoffene Stadt!“ – Eine Aussage, die in dieser Stadt zu jedweder Gelegenheit gebetsmühlenartig vor sich her getragen wird. Doch spätestens im Zuge der in vielen Fällen rassistisch geführten “Asyldebatte” im vergangenen Jahr, ist die deutliche Differenz zwischen Anspruch und Realität sichtbar geworden. Daher wollen wir uns im Rahmen eines antirassistischen Stadtspaziergangs auf die Suche nach rassistischen Spuren in Leipzig begeben. Damit soll deutlich gemacht werden, dass diese Ideologien weder der Vergangenheit angehören, noch lediglich ein Problem an den so genannten „rechten Rand“ ist, sondern dass die gegenwärtigen Gesellschaften auf der Unterscheidung von Menschen nach Hautfarbe, Herkunft oder Religion aufbauen. Bei dem Rundgang durch die Stadt sollen sowohl institutioneller Rassismus in staatlichen Strukturen wie der “Ausländerbehörde”, als auch Themen wie Kolonialismus, Antiziganismus, rassistische Polizeikontrollen und rechte Morden, vor Ort problematisiert werden.

Samstag 11.05., 17 Uhr, Zolle (Zollschuppenstraße 11), Vortrag “Rassistische Asylpolitik in Deutschland” + Film

Seitdem im März 2012 geflüchtete Menschen angefangen haben, sich kollektiv gegen die Residenzpflicht und die Kasanierung in Lagern in der BRD zu organisieren, hat sich eine bis heute öffentlich nie so präsente Protestbewegung entwickelt. Die Opferrolle der Marginalisierten zurückweisend, fordern Menschen hier, wie überall in Europa, die Abschaffung rassistischer Alltagspraxen. Zur konkreten Situation der Flüchtlinge in ihrem Alltag wird es einen Vortrag und im Anschluss einen thematisch passenden Film geben.

Veranstaltende Gruppe: Prisma
prisma@inventati.org

Dienstag 14.05., 19 Uhr, Interkulturelles Konversationscafé (Emilienstraße 17), Vortrag „Abschaffung des Grundrechts auf Asyl und antirassistische Kämpfe“

Beginnend in den 1970er und 1980er Jahren wurde eine rassistische Stimmungsmache gegen Migrant_innen betrieben, welche sich Anfang der 1990er in Pogromen, Brandanschlägen, Überfällen und zahlreichen Todesopfern zuspitzte. 1993 wurde das Grundrecht auf Asyl in Deutschland de facto abgeschafft. Im Vortrag und der anschließenden Diskussion soll vor allem geklärt werden, was dieser sogenannte “Asylkompromiss” beinhaltet und was es seitdem für antirassistissche Kämpfe gegen alttäglichen und institutionellen Rassimus gibt. Weiterhin soll die bundesweite Kampagne “Rassismus tötet!” sowie ihre Arbeitsweise vorgestellt werden.

Veranstaltende Gruppe:“ Rassismus tötet!“ – Leipzig
rassismus-toetet-leipzig.org

Mittwoch 15.05.,  20 Uhr, Marktplatz, Videokundgebung

Im Rahmen der Aktionswoche anlässlich der faktischen Abschaffung des Asylrechts vor 20 Jahren, wird es eine Videokundgebung in der Leipziger Innenstadt geben. Vor Ort gezeigt werden Videos, die die Vorgeschichte zur Entscheidung im Parlament beleuchten, sowie einen Eindruck der damaligen rassistischen Hetze im wiedervereinigten Deutschland vermitteln. Am Beispiel aktueller Debatten soll gezeigt werden, dass all dies bis heute Kontinuität hat – auch hier in Leipzig.

Veranstaltende Gruppe: „Rassismus Tötet!“ – Leipzig
rassismus-toetet-leipzig.org

Donnerstag 16.05., 19 Uhr, Conne Island (Koburger Straße 3) Vortrag “Kritik der Migrationspolitik”

Migration ist ein wesentlicher Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise und stellt diese vor immer neue Herausforderungen. An den europäischen Außengrenzen sterben Jahr für Jahr tausende Menschen, doch trotz massiver Abschottung gelingt vielen die Einreise in ein Europa, das die Geflüchteten systematisch nach dem Grad ihrer Produktivität aussortiert und entrechtet. Die europäische Integration hat eine Migrationspolitik hervorgebracht, welche klassische staatstheoretische Argumentationen vor neue Überlegungen stellt. Bedeutet diese doch die Herausbildung eines den Nationen überlagerndes Territoriums, einer transnationalen Bevölkerungsregulierung sowie die Verschiebung von Gewaltmonopol und Staatsbürgerschaft. Der Vortrag soll sich aus einer kritisch-materialistischen Perspektive mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen und dabei auch auf die Fragen eingehen, welche Konsequenzen sich aus staatstheoretischer Sicht für eine emanzipatorische linke Praxis ergeben können.

Vortrag und Diskussion mit Dr. John Kannankulam (Uni Marburg)

Veranstaltende Gruppe: the future is unwritten
unwritten-future.org

Samstag 18.05., 19 Uhr, Libelle (Kolonnadenstraße 19), Vortrag “Von der faktischen Abschaffung des Asylrechts über die Drittstaatenlösung zu Dublin II – No-Border-Kämpfe in Europa” + Vokü + Cocktails

Mit der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl in der BRD 1993 kam es zu der Einführung der sogenannten Drittstaatenregelung in Deutschland welche später durch das Dublin-Abkommen auf die europäische Ebene erweitert wurde. Welche Folgen diese rassistische, restriktive Grenzpolitik für Migrant*innen an den EU-Außenund Schengenraumgrenzen hat wollen wir in einem kurzen Input erläutern. Außerdem wollen wir über die aus dieser Situation entstandenen No-Border-Bewegungen in Europa diskutieren und einige vorstellen. Wir laden euch ein mit uns bei einem leckeren veganen Essen zu diskutieren und Cocktails zu genießen. Die Einnahmen wollen wir einem No-Border-Netzwerk spenden.

Veranstaltende Gruppe: Initiative Grenzenlos
grenzenlos.antira.info

Ausstellung: Diskriminierung von Roma in Tschechien, linXXnet (Bornaische Str. 3d)

Die Ausstellung zeigt fotographische Eindrücke aus der Stadt Varnsdorf in Nordtschechien, wo in den Jahren 2011 und 2012 regelmäßig Demonstrationen gegen die ansässige Roma-Bevölkerung stattfinden. Die Demos wurden sowohl von Nazis als auch “Normal”-Bürger_innen organisiert und besucht. Die Bilder des Fotographen Theodor Krampf (eintauchen.net) zeigen sowohl die Hassmärsche und die daran Beteiligten als auch die Roma, ihre Lebensbedingungen, Unterstützer_innen und Reaktionen.

Den Aufruf als Flyer (PDF) findest du hier.