Unser Redebeitrag bei der Kundgebung in Eisenberg „Eine Stadt für Alle? Gegen den rassistischen Konsens 2023„:
Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland sagte letztes Jahr im MDR:
„Dass in Eisenberg das dritte Mal ein Stadtfest mit einer rassistischen Bezeichnung für Schwarze Menschen stattfindet, ist schwer zu verstehen.
Die ISD kritisiert dies ausdrücklich. Solch rassistische Vorgänge müssen endlich beendet werden.“
Stimmt, so stehen wieder Menschen in diesem Jahr in Eisenberg auf der Straße und kritisieren dieses rassistische Volksfest der Stadt.
Wir verstehen Rassismus, der hier in Eisenberg mit dem Volksfest zum tragen kommt, als eine Ideologie, die Menschen aufgrund äußerer Merkmale bestimmte Eigenschaften zuschreibt, sie zu minderwertigen Menschen erklärt und diskriminiert. Die bisherigen dominanten Formen des biologistischen und “klassischen” Rassismus sind immer mehr einem kulturalistischen Rassismus gewichen. Mittlerweile wird auf die angebliche “Kultur” eines Menschen verwiesen, die ihn Wahlweise als “Bereicherung” oder “Störfaktor” einer Gesellschaft, jedenfalls aber als nicht zugehörig klassifiziert. Wobei gerade in Ostdeutschland alles nicht weiße und deutsche als „Störung“ der Volksgemeinschaft betrachtet wird.
Und sollte es dochmal irgendwie als ok betrachtet werden, dass nicht weiße sich in Deutschland niederlassen dürfen, dann weil sie exotisiert werden, noch heute, denn einmal in der Woche oder im Jahr kann auch in Thüringen mal keine Bratwurst oder ein Kartoffelkloß gegessen werden.
Ja, da ist der Deutsche tolerant.
Zumeist wird Rassismus mit dem Nationalsozialismus sowie mit neonazistischen Denken in Verbindung gebracht. Dies verkennt jedoch die Dimension rassistischer sowie generell menschenverachtender Einstellungen und kann als eine Ursache für das Nicht-(An-)Erkennen rechter Gewalt angesehen werden, was in der mangelnden politischen und juristischen Aufarbeitung, unter anderem im NSU-Komplex deutlich geworden ist.
Wir vertreten die Ansicht, dass Rassismus nicht erst dort beginnt, wo nicht-weiße Menschen um ihr Leben fürchten müssen. Rassismus heißt, dass so genannte “Fremde” in Deutschland auf eine geschlossene Gesellschaft treffen. Dass sie keine Rechte haben. Dass ein Grundrecht auf Asyl hier nicht existiert. Dass Menschen sich endlos durch Behörden schikanieren lassen müssen.
In Deutschland redet man nicht mit von Rassismus betroffenen, sondern man redet über sie. Wenn man über sie redet dann, um über sie zu richten und zu urteilen. Das ist der alltägliche Rassismus. Er wird nicht von selbst vergehen, und so bleibt es unsere Aufgabe, sich Rassistinnen und Rassisten entschlossen in den Weg zu stellen – immer und überall.
Wir sind sehr froh, dass dies heute hier in Eisenberg wieder geschieht, wollen aber auch noch etwas zu bedenken geben.
In unserer Wahrnehmung ist auch eine linke oder antirassistische Szene/Bewegung, die all die Widersprüche in dieser Gesellschaft aushält und erträgt, kritisch zu hinterfragen. Besonders jene die Zusammen mit Rassist*innen und Politiker*innen aller Parteien „Willkommensfeste“ feiert, um am Image des „freundlichen und weltoffenen Deutschlands“ zu basteln, während auf der anderen Seite der rassistische Mob auf die Dunkelheit für den nächsten Angriff wartet oder in der nächsten Veranstaltung über den zu stoppenden „Zustrom“ diskutiert wird und ein „Sondergesetz“ für Asylsuschende das nächste jagt. Bei dem die gewollte
und inszenierte Überbelastung in Verwaltung und Politik damit entgegnet wird, dass die Deutschen ihren nicht mehr gewollten Plunder an der nächsten Sammelstelle abgeben und so das eigene Gewissen beruhigen, doch irgendetwas gegen die „unhaltbaren Versorgungszustände“ getan zu haben.
Nur entschlossenes und unversöhnliches Entgegentreten gegen alle Formen des Rassismus, sei es nun die Anmache in der Straßenbahn, sei es die offensichtliche Diskriminierung von als „fremd“ definierten Menschen in öffentlichen Gebäuden, seien es spezielle „Sondergesetze“ für Geflüchtete oder „Nicht-Deutsche“, seien es die zahlreichen Prozesse gegen die Opfer statt gegen die Täter rassistischer Anschläge, seien es die menschenunwürdigen Bedingungen und Behandlungen, denen Asylsuchende in diesem Lande ausgesetzt sind, seien es die unmöglichen Arbeitsbedingungen, unter denen sie als Arbeitnehmer*innen hier oft arbeiten müssen oder eben rassistische Volksfeste wie heute in Eisenberg.
Kampf dem Rassismus und der Deutschtümelei, hier, heute und überall.