Kundgebung: Keine Einzeltäter – Rechtes Netzwerk vor Gericht – abgesagt

Die Kundgebung ist abgesagt, der Prozess am 23.4. findet nicht statt. Sollte es einen neuen Termin geben, werden wir euch informieren.

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Nach vier Jahren soll am 23. April 2020 erstmalig der bekannte Christopher H. aus Leipzig wegen des Neonazi-Angriffes in Connewitz vor dem Amtsgericht erscheinen. Mit ihm soll an jenem Tag auch der vierte Anlauf für einen Prozess gegen den sächsischen Justizvollzugsbeamten Kersten H. unternommen werden. Ebenfalls soll Danny L. wegen des Angriffes am 11. Januar 2016 um 9 Uhr in Saal 200 vor Gericht erscheinen.

Bis heute kaum bekannte Kader aus Leipzig vor Gericht

Mit Christopher H. steht erstmalig ein seit Jahren bekannter rechter Akteur aus Leipzig vor Gericht. Er war MMA-Kämpfer beim “Imperium Fight Team“ von Benjamin B. und war Mitglied der mittlerweile aufgelösten Fangruppierung “Scenario Lok“ des 1. FC Lokomotive Leipzig. Im September 2016 war er zusammen mit ungefähr 40 Neonazis und einer Gruppe Hooligans auf dem Weg nach Gera. Die Polizei stellte bei der Kontrolle der Gruppe Messer, Schlagstöcke, Sturmhauben, Quartzhandschuhe, Pyrotechnik und Mundschutze fest. In der Gruppe waren noch weitere Neonazis, die noch für den Neonazi-Angriff in Connewitz auf ihre Verhandlung warten.

Keine Netzwerke nur “Einzeltäter“

Ebenso wie bei den Morden des NSU, beim Mord an Lübcke und den Morden in Hanau, interessieren sich Polizei und Staatsanwaltschaften nicht für die rechtsradikalen Netzwerke und Hintergründe. Ähnlich ist es auch bei einem der größten und organisiertesten Angriffe der letzten Jahre in Sachsen: bis heute gibt es keine Ermittlungen und Verfahren gegen die Strukturen des Neonazi-Angriffs in Connewitz. Immer wieder behaupten die Täter vor Gericht alleine dort gewesen zu sein und irgendwo hinten oder in der letzten Reihe gelaufen zu sein und sonst auch Nichts zu wissen oder gesehen zu haben.

Immer wieder werden rechtsradikale Taten entpolitisiert und organisierte, sowie geplante Angriffe zu „Einzelfällen“ erklärt. Noch am Tatabend versuchte der Sprecher der Polizei Leipzig aus dem Angriff in Connewitz eine Auseinandersetzung unter Fußballfans zu machen. Die langjährigen Strukturen und Akteure werden immer wieder verharmlost. Als wären Brutalität und zwanghafter Wahn nicht wesentliche Bestandteile faschistischer Identität. Als wäre die Gewalt, vom Zuschlagen bis zum Mord, nicht zwingende Folge der propagierten Vernichtungsideologie. Die menschenverachtenden Anschauungen motivieren Neonazis dazu, Schaden anzurichten, einzuschüchtern, Angst und Schrecken zu verbreiten. Umgekehrt soll aus der brutalen Tat die rechte Ideologie sprechen oder ablesbar sein. Rechte Gewalt und rechter Terror haben nicht zuletzt eine Binnenwirkung: Die Beteiligten versichern sich selbst – und den rechten “Szenen“ – der eigenen Radikalität. Die männliche Rollenerwartung, in der das Idealbild eines heroischen, harten “Kämpfers“ und “Soldaten“ passt besonders als Beschreibung zu den Neonazis in Leipzig, die sich als „Hooligans“ und im Kampfsport wieder finden.

Der vierte Versuch

Am 23. April wird erneut auch der sächsische Justizvollzugsbeamte Kersten H. vor Gericht stehen. Am 9. Januar 2020 sollte er zusammen mit Daniel W., einem Projektleiter für Übertragungstechnik in einem “Tochterunternehmen“ des Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), vor Gericht erscheinen, tat er jedoch nicht. Er fehlte unentschuldigt. Es war der dritte Versuch einer Hauptverhandlung in diesem Verfahren. Zwei frühere Termine im Januar und Juli 2018 platzten kurzfristig. Kersten H. tat nach dem Angriff auf Connewitz noch drei Jahre in sächsischen Gefängnissen Dienst und war dort für weitere Mitangeklagte und inhaftierte Rechtsterroristen in seinem Arbeitsbereich “Bewacher“. Das Amtsgericht erlies im Januar gegen Kersten H. einen Sitzungshaftbefehl, den das Landgericht Leipzig am 30. Januar auf Antrag von H. wieder aufhob.

Weitere Verfahren im April

Am 14. April sollten Christopher S. & Nico W. aus Neukieritzsch vor Gericht erscheinen. Christopher S. war Fußballspieler des Bornaer SV. Im April 2017 sorgte eine Solidaritätsaktion seiner Mannschaft für ihn beim Torjubel für einen Spielabbruch gegen Roten Stern Leipzig, dessen Fanladen sich auf der Straße befindet, die von Neonazis 2016 angegriffen wurde.

Am 22.04. geht die Verhandlung gegen Sven H. & Kevin K. weiter. Beide kommen aus Gera und haben ebenfalls schon beim „Imperium Fighting Championship“ gekämpft. Der Veranstalter der „Fighting Championship“ ist das “Imperium Fight Team”, in dem Christopher H. Kämpfer ist. So erklärt sich auch wie Täter aus Thüringen im Januar nach Connewitz gekommen sind und weshalb Neonazis im September aus Leipzig nach Gera fahren, um dort anzugreifen.

Ebenfalls gibt es am 22.04. einen Prozess gegen das Ehepaar Enrico S. & Heike S. aus Thüringen. Heike S. ist die einzige Frau gegen die es einen Prozess wegen dem Angriff in Connewitz geben wird.

Schaut hin!

Geht zu den Prozessen, schafft Öffentlichkeit und lasst die Zeug*innen, die bei den Prozessen aussagen müssen, nicht mit den Neonazis alleine. Nur zusammen können wir die rechten Netzwerke publik machen und den Neonazis zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen, weder 2016 noch heute.

Rechte Netzwerke bekämpfen, in Polizei, Justiz und Medien!


Kundgebung am 23. April 2020 um 8 Uhr vor dem Amtsgericht Leipzig in der Bernhard-Göring-Straße


Achtet bitte auf Einhaltung eines Mindestabstandes von 1,5 Metern und tragt eine Mund-Nasenbedeckung, wie die „Corona-Schutz-Verordnung“ ab dem 20. April verlangt.