12.1.2015 Demonstration: Refugees Welcome – Gegen jeden Rassismus! — Legida entgegentreten!

Demonstration gegen den Aufmarsch von „Legida“ in Leipzig.

Treffpunkt am 12.1.2015 um 16Uhr auf dem Markt.

Alle Informationen zu Legida und den Gegenaktivitäten finden sich HIER

Aufruf zur Demonstration im Januar:

Seit mehreren Jahren kommt es in ganz Deutschland zu rassistischen Mobilisierungen gegen Unterkünfte für Geflüchtete, auch in Leipzig reisst der “Protest” nicht ab. Bundesweit sind Städte wie Wolgast, Duisburg, Berlin-Hellersdorf, Leipzig-Schönefeld, Bautzen oder Schneeberg in den letzten Jahren als Synonym für rassistische Bürger*innenbewegungen bekannt geworden. Es sind Orte in denen sich alle möglichen “Deutschen” gegen Menschen erheben, die vor Krieg, Verfolgung und für ein besseres Leben ihr Zuhause verlassen haben. Hinzu gekommen sind so genannte “Patrioten” (Pegida) die ein vermeintliches “Abendland” vor dem Islam und so genannten “Wirtschaftsflüchtlingen” schützen wollen. Begann die “Bewegung” zunächst in Dresden, entstanden in vielen anderen Städten Ableger, so auch in Leipzig (Legida).

Das Problem heißt Rassismus

Rassismus ist eine Ideologie, die Menschen aufgrund äußerer Merkmale bestimmte Eigenschaften zuschreibt, sie zu minderwertigen Menschen erklärt und diskriminiert. Die bisherigen dominanten Formen des biologistischen und “klassischen” Rassismus sind immer mehr einem kulturalistischen Rassismus gewichen. Mittlerweile wird auf die angebliche “Kultur” eines Menschen verwiesen, die ihn als “Bereicherung” oder “Störfaktor” einer Gesellschaft klassifiziert. Dieser gewendete Rassismus richtet sich vor allem gegen Muslim*a. Auch einer der Wortgeber von Legida, der Islamwissenschaftlicher Hans-Thomas Tillschneider aus der AfD bekennt sich öffentlich als Kulturalist und Rassist.

Dass Deutschland seine Grenzen weiter dicht macht und das letzte Fünkchen Asylgrundrecht weiter abträgt, reicht Pegida und Co. nicht aus. In kulturalistisch-rassistischer Manier wird munter weiter gegen eine zu starke „Durchmischung“ der vermeintlich ursprünglichen Bevölkerung gehetzt.
Längst ist auch Pegida auf die Rhetorik der offiziellen Politik aufgesprungen. Es wird differenziert: in Kriegsflüchtlinge, die berechtigterweise Asyl beantragen und bekommen und in die “Wirtschaftsflüchtlinge”, die “unsere Sozialsysteme” ausnutzen wollen und schnell wieder abgeschoben werden müssen. Gegen die Zuwanderung von leistungsfähigen und anpassungsfähigen Migrant*innen hat sowieso niemand etwas, tragen jene doch zur wirtschaftlichen Stärke Deutschlands bei.

„Politisch Verfolgte“ versus „Scheinasylanten“

Sowohl Pegida, AfD als auch die CDU bedienen sich dieses Dualismus, der zwei moralische Bewertungskategorien beinhaltet. Das Bild des/der „politisch Verfolgten“ löst Mitgefühl aus, da die Deutschen eigene kollektive Erfahrungen damit verbinden und sich somit stückweit mit dem Bild identifizieren können. Der/die politisch Verfolgte wird in die „Wir“-Identität aufgenommen: der Schutz vor politischer Verfolgung war eine Zeitlang ein einklagbares Individualrecht, aufgenommen in die Grundverfassung der BRD. Politisch Verfolgte genießen den Schutz und die Solidarität. Solange von „politisch Verfolgten“ die Rede ist, ist die Übereinstimmung über die Legitimität des Asylrechts im Grundtenor recht hoch.

Anders verhält es sich, bei dem Generalverdacht gegenüber Einwandernden, denen unterstellt wird, eben diese „Gutmütigkeit“ der Deutschen „ausnutzen“ zu wollen und deswegen „das Asylrecht massenhaft [zu] missbrauchen“.

Diese Propaganda vom „Wirtschafts-„ bzw. „Armutsflüchtlingen“ hat das Ziel, bei der Zuhörer*in den Eindruck zu erwecken, dass sie im Gegensatz zu politisch Verfolgten nicht wirklich des Schutzes bedürfen. Stattdessen werden sie als Bedrohung nicht nur des deutschen Wohlstandes, sondern für die geordneten Lebensverhältnisse jedes/jeder Einzelnen dargestellt. So fallen die als „Scheinasylanten“ gebrandmarkten in die Kategorie „unnütz“ und „volkskörperschädigend“. Als aktuelles Beispiel kann die Propaganda von führenden CDU-Politiker*innen gegen Asylsuchende aus den Westbalkanstaaten gewertet werden. Zum 31.10.2014 wurden Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt, was für die Betroffenen, in der Überzahl Angehörigen der Minderheit der Roma, eine faktische Verunmöglichung eines fairen Asylverfahrens bedeutet.

Den als “Wirtschaftsflüchtlingen” und damit “Scheinasylanten” Stigmatisiierten wird das Recht auf Hilfe (oder auf Leben) schlichtweg abgesprochen. Betrachtet man diese beiden Bilder des Geflüchteten und ihre als Gegensätze dargestellten Motive jedoch genauer, wird klar, dass es sich bei der Beschreibung des „Scheinasylanten“ um eine rassistische handelt, mit der Absicht, die wahren Zusammenhänge zu verschleiern.

Armut, wo auch immer, ist ein Resultat der kapitalistischen Wirtschaftsweise, die immer auch in Wechselwirkung zur staatlichen Politik steht. Fallen Menschen aus diesem System heraus, wie es beispielsweise dem Großteil der Roma geht, folgen daraus zumeist Diskriminierung und Verfolgung. Bei herrschender, krasser Ungleichheit führen Kämpfe um gerechtere Verteilung u.a. zur politischen Verfolgung. Also haben politische Fluchtmotive oft auch einen ökonomischen Hintergrund.

Noch weniger verständlich wird die Polemik von „Wirtschaftsasylanten“ angesichts der Tatsache, dass die Entwicklung der Wirtschaftsstrukturen vieler Rohstoffexportnationen bewusst und gezielt mit einer Reihe politischer Entscheidungen der so genannten Industrienationen blockiert wird. Was bedeutet, dass sie für die Strukturschwäche und die sich daraus ergebende schlechte Lebensqualität der Bevölkerung verantwortlich – und „Armutsflüchtlinge“ eben doch politische Flüchtlinge sind. Allen voran Deutschland baut seinen ökonomischen und politischen Einfluss weiter aus und ist an nicht wenigen Fluchtbewegungen direkt beteiligt, sei es durch militärische oder politische Interventionen.
Diese Zusammenhänge werden hierzulande systematisch ausgeblendet und stattdessen mehr (NDP, Pegida, AfD) oder weniger (CDU, SPD) offen Unmut gegen vermeintlich unberechtigte Fluchtgründe geschürt.

Die Bildsprache – Kollektivsymbole

Auffallend sind seit Jahren in Deutschland die Kontinuitäten in der Bildsprache: die Bezeichnung der „verderblichen Überschwemmung“ und des „unaufhörlichen Zuflusses“ durch ein „fremdes Volk“, das nach Deutschland „hinströme“, findet seine Fortsetzung in der Polemik der „Asylantenschwemme“ und “Wirtschaftsflüchtlinge”. „Asylanten verstopfen alles“ war zum Beispiel der diskriminierende Wortlaut eines Titels aus dem Spiegel im Jahr 1990. Auch auf plakativer Ebene verstand es der Spiegel, Flüchtlinge als Gruppe zu homogenisieren und auf entmenschlichende Weise zu einer einzigen „Schwemme“ zu stilisieren. Dieses Bild der “Flut”, die über Deutschland schwappe, kommt in aller Regelmäßigkeit wieder auf, erinnert sei hierbei an die EU-Osterweiterung in der medial vor “Polen, Rumänen und Bulgaren” gewarnt wurde. Neben der Angst vor Geflüchteten bringen die “Patrioten” nun zusätzlich die Furcht vor der “fremden Religion”, dem Islam auf die Straße, welcher angeblich die “deutsche Kultur” zerstöre.

Leipzig, weltoffen bunt… nix da!

Seit Jahren versucht die Stadt Leipzig sich als weltoffen, tolerant und bunt zu präsentieren. Doch einem genauen Blick hält dieses Image nicht Stand. Nicht nur die rassistischen BürgerInnenproteste der letzten Jahre trüben diese Selbstdarstellung. Leipzig ist die Stadt nach Berlin mit den meisten bekannten rechten Morden seit 1990 und jener Ort in der laut Opferberatung 2013 die meisten rechten und rassistischen Übergriffe in Sachsen statt fanden. Hinzu kommt ein allgegenwärtiger Rassismus in Behörden, Medien und anderen Einrichtungen, wie z.B. Diskotheken und Clubs, erinnert sei hier an die seit Jahren stattfindenden Diskussion um rassistische Einlasspolitik im überwiegenden Teil dieser Veranstaltungsorte.

Auch beim Thema der Unterbringung von Geflüchteten spielt Leipzig keine bessere Rolle. 2009 wollte die Stadt ein Containerlager am Stadtrand errichten, auf Grundlage handfester rassistischer Kriterien: so sollte das Domizil laut Sozialamt “ausserhalb von Wohngebieten” und “insbesondere entfernt von Kindergärten, Schulen und Spielplätzen” liegen. Das Grünstück sollte “einzäunbar” sein, schließlich wäre die Unterbringung von Asylsuchenden “mit vielfältigen sozialen Problemlagen” in einem Wohngebiet ungeeignet. Es ist diese Argumentation die so genannte Bürgerinitiativen immer wieder selber gegen die Stadt bei jeden neuen Standortvorschlag in Stellung bringen. Die Pläne der Stadt scheiterten damals an den finanziellen Vorstellungen von potentiellen Betreibern. Ausschlaggebend war aber auch der Protest antirassistischer Initiativen, die in der Folge auch Druck für einen grundlegenden Paradigmenwechsel bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Leipzig machten.

Trotz einigen Fortschritten, zum Beispiel der Unterbringung in kleinen Unterkünften im Stadtgebiet und einer Forcierung der dezentralen Unterbringung in eigenen Wohnungen, ist die aktuelle Situation nicht zufriedenstellend. Im Gegenteil scheint ein Roll back in Gang zu sein. So will die Stadt Leipzig sogar die Sammelunterkunft in der Torgauer Straße weiter ausbauen. Eine Unterkunft die seit Jahren für ihre menschenunwürdigen Zustände bekannt ist und längst geschlossen werden sollte. Im vergangen Jahr wurde bekannt, dass die Leiche des verstorbenen Hisham Yazbek erst nach anderthalb Monaten durch die Heimleitung entdeckt wurde. Antirassistische Initiativen fordern sein Jahren die Schließung der Unterkunft zugunsten einer flächendeckenden Unterbringung von Asylsuchenden in Wohnungen.

“Grenzen auf für freies fluten!”

Wenn wir am 12.Januar gegen jeden Rassismus auf die Straße gehen, geäußert von (irgendeiner) rassistischen Bürgerinitiative(n) wie in Wahren, Schönefeld oder von Legida, dann nicht um ein besseres oder buntes Leipzig zu repräsentieren. Sondern um unsere klare Ablehnung gegen diese gesellschaftlichen Zustände zum Ausdruck zu bringen. Rassismus findet sich eben nicht nur bei den so genannten Bürger*innen auf der Straße, sondern auch im Leipziger Rathaus und der ganz normalen Stadtgesellschaft wieder. Wir gehen nicht auf die Straße um das Image der Stadt zu retten, sondern um deutschnationale und rassistische Räume zu verunmöglichen und Rassist*innen in ihre Schranken zu weisen. Wir treten ein für eine Welt ohne Grenzen und gegen jeden Rassismus, egal wie er daher kommt. Denn ob völkisch oder national, Deutschland ist uns scheiß egal.

Wer Deutschland liebt, den/die können wir nur hassen!
Für eine solidarische antirassistische Gesellschaf!