Redebeitrag auf der Kundgebung am 8. März

Natürlichkeit als frauen*feindliche Waffe

Vorstellungen von Natürlichkeit nehmen im Weltbild der extremen Rechten und auch konservativer Aktuer:innen eine zentrale ideologische Funktion ein. Falsche Vorstellungen von Naturgesetzen dienen als Begründungen für soziale Phänomene. Gesellschaftliche Hierarchen, Räume und Verhalten schlicht alles wird zur Natur des Menschen an sich verklärt.
Schlagworte wie Ethnopluralismus, Lebensraumprinzip oder Volksgemeinschaft, mit denen menschenfeindliche, rassistische Ideologie und Bestrebungen naturalisiert und legitimiert werden, sind uns allen bekannt.

Aber auch die Naturalisierung von frauenfeindlichen Geschlechterbildern nimmt einen zentralen Platz im konservativen und völkischen Denken ein. Frauen und Vorstellungen von Weiblichkeit werden hoch stilisiert und als im völkischen Sinn schützenswert bezeichnet. Gemeint ist damit selbstverständlich die „bio-deutsche“ Frau und insbesondere ihr Körper als Reproduktionsstätte für den geforderten gesunden Volkskörper und auch den Erhalt völkischer Kultur.

Die Einteilung in Natürlich und Unnatürlich dient dazu, Frauenfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus zu begründen und aufrecht zu erhalten. Daraus folgt, dass Gewalt gegen jedes, von dieser Vorstellung abweichendes Verhalten als Verteidigung einer natürlichen Ordnung gesehen wird.

Die gegenseitige Bedingung und Verschränkung menschenfeidlicher Ideologien, lässt sich besonders gut in Erzählungen um rechte und völkische Bio-Politik,also der Erzählung des großen Austausches erkennen, die immer mehr an Popularität gewinnt. Dabei wird davon ausgegangen, dass Feminismus und Emanzipation Männer in westlichen Gesellschaften verweichlicht hätten und dadurch die Geburtenrate zurückgehe.
Gleichzeitig kämen durch Migration und Flucht Millionen Männer nach Europa. Angeblich mit dem Ziel über mehrere Generationen einen Austausch der deutschen Bevölkerung durchzuführen. Und das alles soll von Jüdinnen und Juden gesteuert sein.

In dieser Vorstellung vermischen sich überdeutlich Rassismus, Antisemitismus und Sexismus zum entmenschlichenden Bild des sexuell omnipotenten und unzivilisierten Migranten, des boshaften Juden und der verantwortlichen Frau. Die extrem Rechte konstruiert auf diese Weise einen direkten Zusammenhang von feministischen Kämpfen und Migrationsbewegungen zur Auslöschung des „deutschen Volkes“.

Martin Sellner erklärte beispielsweise, Frauen seien von Natur aus „emotional erpressbar“ und somit für die angebliche „Masseninvasion“ verantwortlich, ihre angebliche Unfähigkeit nein zu sagen, ist für ihn und seine Gesinnungsgenossen direkt mit dem herbeifantasierten Volkstod verbunden. Diese rassistische und sexistische Sichtweise wird durch Propaganda verstärkt, die Frauen als potenzielle Volks-Verräterinnen darstellt, die die „reine“ Kultur und das homogene Volk bedrohen.

Da aber da die Einheitlichkeit der Volksgemeinschaft für Rechte eine unbedingt zu erstrebende Kategorie ist, die auf jeden Fall verteidigt werden muss, greifen die wichtigsten ideologischen Bausteine bei der Abwendung der Katastrophe des großen Austausches ineinander: Antifeminismus, Antisemitismus und Rassismus. Und Neonazis greifen dafür bekanntlich auch zur Waffe.

So macht der Attentäter von Utøya, Anders Breivik, in seinem Manifest neben dem Sozialismus auch den Feminismus für den Verfall der westlichen Gesellschaften und Völker verantwortlich.

Zusammenfassend betrachtet werden in der politischen Rechten patriarchale Geschlechterbilder in radikalster Form reproduziert.
In direkter Beziehung zu weiteren Formen faschistischer Ideologie, konstituieren sie ein Weltbild, dass aktiv und passiv Menschenleben gefährdet und rechten Terror nicht nur legitimiert, sondern auch hervorruft.

Darüber hinaus wird deutlich, dass nicht nur die extreme Rechte sondern auch vermeintlich gemässigte Akteur:innen gezielt auf Feindbilder und Stereotypen zurückgreifen, um menschenfeindliche Ideologie zu festigen und zu verbreiten.

Dankbar werden hierbei regelmäßig extrem rechte Narrative aufgegriffen, welche über die Zeit in nur leicht abgewandelter Form oder direkt übernommen zum bürgerlichen „Common Sense“ avancieren: galt 2015 beispielsweise eine „das Boot ist voll“ Mentalität noch als „rechtsextrem“, so herrscht 2024 auch bei den etablierten Parteien kaum Uneinigkeit über die angebliche Notwendigkeit von Obergrenzen für Geflüchtete. Die Forderung nach dem offenen Grundrechtsbruch stellt hierbei kein Tabu mehr da.

Die Instrumentalisierung von Geschlechterstereotypen und rassistischen Narrativen dient dazu, Angst zu schüren und die eigene Ideologie zu rechtfertigen. Somit ist die Intersektionalität von Ideologien nicht nur ein theoretisches Konzept, sie bedroht auch in konkreten Handlungen, Politiken und Diskursen, die Grundlagen einer freien Gesellschaft.

Jeder antifaschistische Kampf, jeder Schritt hin zur befreiten Gesellschaft muss dezidiert feministisch sein. Der Kampf um eine Gesellschaft frei von Frauenfeindlichkeit darf und kann nicht hinten angestellt werden, wie auch Kämpfe gegen Rassismus und Antisemitismus. Zum einen, weil auch Frauen, migrantisierte und rassifizierte Menschen sowie Jüd:innen ein Recht auf Befreiung haben, zum anderen, weil sie eben keine bloßen Nebenwidersprüche darstellen, sondern eng verwobene Bedingung für die Menschenfeindlichen Zustände in denen wir leben.

Deshalb bleibt zum Schluss zu sagen: Feminsimus heißt Volks- und Vaterlandsverat und so muss es auch sein.